Brauereigasthof in der Donau Straße
„Praktisch das ganze Leben habe ich in der Donau Straße verbracht. Diese Straße wurde nie von einem Regime umbenannt. Die Donau Straße überlebte seit den Zeiten des ungarischen Königs Andreas des Dritten. (der im Jahre 1291 Bratislava das Privilegium einer Königstadt erteilte) die Arpaden, Anjous, Koburger, Habsburger, Masaryk, Tiso, Beneš, die Bolschewiken und immer hieß sie Donau Straße. Sie muss Donau Straße heißen, denn einst im Mittelalter ist hier anstelle der Straße wirklich die Donau geflossen.“
Aus dem Buch von Július Satinský: Chlapci z Dunajskej ulice (Die Jungen aus der Donau Straße)
Generationen von Bratislavaer Bürgern erinnern sich an diese als Donau Gasse, aber im Mittelalter wurde sie Donau Neusiedl genannt. Die Donau Straße blieb immer die Donau Straße, dank der Donau, die von oben aus Wien fließt. Der bekannteste ihrer Residenten, der unvergessliche Július Satinský, hat ihr sogar einen Gedenkband gewidmet, aus dem unser Zitat stammt. Die Donau Straße liegt im eigentlichen Herzen von Bratislava. Unweit von ihr, ungefähr ein Kilometer Luftdistanz zur Vorburg befand sich die Bürgerliche Brauerei. Beide verband nicht nur die Gemeinschaft mit der Donau, aber auch, wenn man das Chronometer in der Geschichte in das 15. Jahrhundert zurückdrehen könnte, würde man mit Sicherheit sowohl die Donau Straße als auch die Brauerei finden. Diese beiden Dinge waren in Pressburg sicher. Die alten Bürger von Bratislava erinnern sich, ob sie es nun persönlich erlebten oder es aus den Erzählungen ihrer Väter oder Großväter kannten, die, in Erinnerung an den Biergeschmack aus der Brauerei, genüsslich mit der Zunge schnalzten. In unserer Hauptstadt recherchierten wir bis in die Zeit vor zweihundert Jahren nach einer der beiden Ikonen des Brauwesens in Bratislava, die hier leider wirklich nicht mehr existieren. Man findet wenig darüber hinaus, aber wie es erhaltene Fragmente beweisen, entspricht es nicht der Wahrheit, dass nur Tschechen Bier brauen können.
Das Bierbrauen in Pressburg, dem heutigen Bratislava, hat eine jahrhundertelange Tradition. Schon in der Mitte des 15. Jahrhunderts erhalten elf Bierbrauer im Zuckermandl „das Braurecht“, also das Recht, Bier zu brauen. Zu dieser Zeit wurde Bier in geringen Mengen gebraut und direkt beim Bierbrauer konsumiert. Eine solche Herstellung war jedoch perspektivlos, deshalb entstand unter aktiver Unterstützung der Stadtratsherren im Jahr 1477 die Erste Bratislavaer Brauerei. Sie stand an der Ecke der heutigen Laurinska Straße und des Fischertors, sie wurde im Jahr 1532 abgerissen. Die Überreste wurden bei Abrissarbeiten im Jahr 1947 freigelegt.
In Pressburg wurde seit jeher viel Bier getrunken. 1752 wurde mit dem Bau der zweiten Brauerei begonnen. Mit dem Projekt beauftragten die Ratsherren die Bauherren Romisch und Hildebrant. Sie trug den stolzen Namen „Die Bürgerliche Brauerei“. Die Bürgerliche wurde langfristig von der Stadt an die reiche Familie Michael Spechts verpachtet, später, im Jahre 1880, ging die Brauerei durch Kauf von der Stadt in die Hände der Familie Deutsch über. Ihr Gesamtniveau war von Anfang an stark mit dem Niveau bayrischer Brauereien vergleichbar. Die Bierqualität war wahrlich diesem Bier entsprechend. Die Bürgerliche Brauerei und der Gasthof mit Veranda befanden sich auf dem Fischerplatz. In der Pressburger Zeitung wurde in einem Artikel von der Pressburgerin Elza Greilich beschrieben, wie die Brauerei aussah. Es handelte sich vor allem um einen Nutzbau, mit bescheidener Fassade, Glasveranda, wo sich der Brauereigasthof befand. Bloß die, welche diesen besuchten, sind nicht wegen Architektur genießen gekommen, sondern wegen anderen Dingen. Die Brauerei hatte einen übermächtigen Geist. Unter den Gewölben befanden sich wie in einer Kirche Behälter zum Maischen der Gerste, aus welcher Malz hergestellt wurde, Trockenanlage, Röstanlage der Gerste. Zum Bestandteil waren verschiedene Lager, Kammer, in tiefen Kellern gärte und reifte in immensen Bottichen das Bier. In die Brauerei wurde Wasser aus der Donau mithilfe einer Dampfmaschine gepumpt, die bis 1868 in Betrieb war. Später wurde die Brauerei an die städtische Wasserversorgung angeschlossen. Es befanden sich dort eine Tischlerwerkstatt für die Herstellung von Fässern und eine Schlosserwerkstatt für die Fassbeschläge. Die Fassade war einfach, am Eingangstor befanden sich zwei Pilaster, am oberen Vorbau befand sich ein einfacher Giebel und auf diesem in einem Stuckrelief zwei Kinderfiguren, die das Wappen der Stadt Pressburg trugen. Die Bürgerliche Brauerei war bei den Bürgern von Bratislava außerordentlich beliebt, und das nicht nur wegen dem ausgezeichneten Bier und der Nähe zum Donauufer, sondern hauptsächlich wegen dem berühmten Brauereigasthof mit guter Küche, der Bestandteil der Brauerei war. Hier wurden alle kulinarischen Wunder geradezu aller Küchen der zehn Nationalitäten serviert, die in der Stadt vertreten waren, vereint in die hervorragende Pressburger Küche. Die Attraktivität der Stadt erhöhte auch der Bahnhof der Pressburgen Bahn nach Wien. Auf ein Bierchen beförderte sie in das dreisprachige Pressburg oder Pozsony auch Wiener, aber es trafen sich hier auch die Bratislavaer Künstlerkreise. Oft trafen sich dort die Redakteure der in Bratislava verlegten Tageszeitungen und Zeitschriften, Poeten und auch Maler. Es entstanden hier auch Romane. Jožo Nižnánsky schrieb damals für die Slowakische Politik den Fortsetzungsroman direkt für die Zeitung, vielleicht entstand sein berühmter Roman Frau Čachtice gerade in der Bürgerlichen Brauerei. Die Auflösung der Brauerei fand kurz nach der Zweihundertjahrfeier statt. Das letzte Bier verließ im Jahre 1968 ihre Tore. Die Bürgerliche Brauerei wurde wegen dem Bau der Brücke SNP abgerissen, es war ihr nicht mehr vergönnt, Bierliebhaber zu erfreuen.
Jedoch im Jahre 2010, ihr Geist irgendwo verinnerlicht im Stützpfeiler des Doms oder möglicherweise meditierend auf einer Bank des Andreasfriedhofs, wurde das verlorene Selbstbewusstsein zurückerlangt und „hetzte“ vier Bierliebhaber zum erfolgreichen Tun auf, zum Entstehen einer neuen Bürgerlichen Brauerei. Ihre zweite Institution in der Donau Straße lädt alle ein. Dobrý deň, Guten Tag, Jó napot, wie man bei uns in Bratislava schon immer grüßte.